Trigger

Das Wort Trigger fällt immer häufiger nicht nur im Zusammenhang mit Traumafolgestörungen, sondern auch unter gesunden Menschen. Aber was ist das überhaupt?

Trigger – das englische Wort für Auslöser. Traumatisierte Menschen, die danach eine (K)PTBS entwickelt haben, erleben ihr Trauma in Gedanken und Gefühlen immer und immer wieder. Das ist auch eines der Symptome, anhand derer die (K)PTBS diagnostiziert wird. Oft sind diese Erinnerungen, die sogar zu Flashbacks werden können, ausgelöst durch einfache Dinge, wie ein Geruch, ein Wort, ein Geräusch oder auch ein Bild.

Kennst Du die Situation, wenn Du einen Song aus Deiner Jugend im Radio hörst, dass Du beim Zuhören für einen Moment lang die damalige Zeit vor Augen hast? Erinnerst Du Dich noch daran, wie Du mit Deiner ersten großen Liebe zu diesem Song getanzt hast? Fühlst Du etwas von dieser wunderbaren Stimmung damals?

Genau so ist das mit Triggern auch, zumindest vom Grundprinzip her. Das Dumme daran ist, dass die gemeinten Trigger nicht an schöne Momente erinnern, sondern das Trauma oder Teile davon wieder ins Bewusstsein rufen. In Gedanken, in Erinnerungen und auch emotional. Dann bist Du erst mal gefangen im Damals und kommst nicht so einfach wieder heraus. Bevor Du überhaupt mitbekommst, was gerade passiert, hängst Du schon voll im Flashback und wenn Du Pech hast, ist nun der Tag gelaufen.

In der Therapie lernt man eigentlich Strategien, wie man damit am besten umgehen kann. Aber das ist gar nicht so einfach. Ich versuche im Vorfeld schon Gedanken und Erinnerungen zu stoppen, indem ich dann vehement an etwas Anderes denke. Da kommt mir die Musik wieder zur Hilfe, denn meistens ist das Erinnern an einen Songtext das, was den Flashback verhindern kann. Das funktioniert zwar nicht jedes Mal, aber doch immer häufiger.

Bedeutend ist dabei für mich das rechtzeitige Erkennen, dass ich gerade auf dem Weg in die doch recht ekelhaften Gefühle und Gedankenkreisel bin. Oft erwische ich mich dabei, dass ich mir vorstelle, wie meine Täterschaft denn heute reagieren würde, wenn ich…

Bei diesen Gedanken habe ich oft den Eindruck, dass ich mir so durchs Hintertürchen selbst Vorwürfe dafür mache, dass ich damals nicht anders reagiert habe. Aber auch solche Gedanken sind meistens sinnlos, es sei denn, man kann da in aufarbeitender Form ran und begreifen, dass man keine andere Wahl hatte. Das ist ja auch genau das, was das Trauma ausmacht: Ohnmacht.

Mir kommt es so vor, dass die Menschen für das Wort Trigger mittlerweile sehr sensibel geworden sind. Triggerwarnungen, die ich früher nur aus Foren kannte, die sich mit PTBS beschäftigten, werden heute in den Sozialen Medien verwendet, um vor schwierigen Inhalten zu warnen, durch die Leser oder Zuschauer in negative Gefühle geraten könnten.

Ich weiß nicht, ob ich es gut finden soll, dass sich eine Achtsamkeit in diese Richtung entwickelt oder ob es eine Mode ist, die das Wort und die Warnung irgendwann abgedroschen wirken lässt.

Wenn ich Beiträge traumatisierter Menschen lese, komme ich immer wieder auf die Aufforderungen, Triggerwarnungen noch weiter zu verbreiten. Wie sinnvoll ist das? Natürlich wäre die Welt für Traumapatienten dann an diesem Punkt ein bisschen einfacher, könnte man meinen. Aber ist das wirklich so?

Wenn ich jetzt von mir ausgehe, dann wäre es das wohl nicht, denn meine Trigger sind sehr individuell und haben nicht unbedingt etwas mit Gewalt zu tun.  Die Situationen, die viel schlimmer sind, entstehen im Alltag und sind Dinge, bei denen niemand davon ausgehen kann, dass das nun triggert.

Wenn ich mir im Internet eine Serie anschaue, bei der Menschen zu Gast sind, die in besonderen (meist negativen) Situationen sind oder Besonderes erlebt haben, dann weiß ich schon, dass es krass werden könnte. Bei einer Sendung, die sich mit Tatortreinigern befasst, brauche ich keine Triggerwarnung. Ist es da nicht ohnehin eindeutig, dass man dafür starke Nerven braucht? Letztlich denke ich, dass sich durch sinnvolle Altersbeschränkungen schon viel regeln lässt. Wenn ich einen Film ab 18 gucke, dann habe ich dadurch doch meine Warnung.

Und hier nun mal ein Beispiel für die Tigger in meinem Leben: Im Frühling, wenn die Uhren umgestellt wurden und es am Abend eine Stunde länger hell ist, ging es mir insbesondere an Sonntagen richtig übel und ich habe mich gefragt, warum eigentlich. Ja, weil ich einem Trigger begegnet bin, der mich einfach umgehauen hat. Der war aber so banal, dass ich viele Jahre nicht darauf gekommen bin. Es war tatsächlich die Sommerzeit. Seit dem ich das weiß, gehe ich ganz bewusst an den Sonntagen am Abend raus, wenn es zum ersten Mal länger hell ist, weil ich dieses Ding einfach abwetzen will. Er war, als er noch im Verborgenen lag, mächtig genug, um mich richtig runterzuziehen. Aber er war erträglich genug, um das zu trainieren, ohne dass es als selbstverletztendes Verhalten zu bezeichnen wäre. Und es funktioniert. Von Jahr zu Jahr wird es einfacher.

Also selbst wenn es eindeutiger wäre, an welchen Stellen eine Warnung für traumatisierte Menschen sinnvoll wäre, muss man doch festhalten, dass wir eine ziemlich kleine Minderheit sind. Mit gerade 2,5% der Bevölkerung in Deutschland finde ich es nicht angebracht zu verlangen, dass die anderen 97,5% nun Rücksicht nehmen. Und wenn es dann ohnehin nicht die wichtigen Stellen abdecken würde…? Bin ich dann nicht wieder die Kleine, die als Opfer um Rücksichtnahme bittet? Es ist ähnlich wie in einem Fahrschulauto. Bei der Prüfung müssen die Schilder ab, damit die Bedingungen der Normalität entsprechen. Und genau das möchte ich: Ein ganz normales Leben.

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